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Neue DIN 4109 erhöht Bedeutung der Wandanschlüsse

Neue DIN 4109 erhöht Bedeutung der Wandanschlüsse
Vorteil verzahnter Verbindungen

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Die neue Schallschutznorm DIN 4109 verändert nicht grundsätzlich das Anforderungsniveau, erhöht aber durch die Berücksichtigung der Stoßstellen die Bedeutung der Wandanschlüsse im Mauerwerksbau. Der stumpfe Stoß bleibt möglich, mehr Sicherheit bieten jedoch verzahnte Anschlüsse, bei denen Wohnungstrennwände in Außenwände ein- oder durchgebunden werden.

Markus Hoeft

Die mit Ausgabedatum vom Juli 2016 veröffentlichte neue DIN 4109 Schallschutz im Hochbau hat keine grundsätzliche Verschärfung des Anforderungsniveaus gebracht. Lediglich beim Luftschallschutz von Haustrennwänden und beim Trittschallschutz von Decken hat es Erhöhungen der Mindestanforderungen gegenüber der alten Fassung von 1989 gegeben. Markanter sind die Veränderungen im Normenaufbau sowie bei dem an DIN EN 12354 angelehnten Nachweisverfahren für den Schallschutz.
In diesem Nachweis erhalten die Flankenübertragung des Schalls und die Ausbildung der Stoßstellen zwischen verschiedenen Bauteilen besondere Bedeutung. Zu diesen Stoßstellen gehören im Mauerwerksbau auch die Anschlüsse zwischen einschaligen Wänden, wie sie beispielsweise als Außen- oder Wohnungstrennwände ausgeführt werden.
Die Art der Verbindung dieser Wände untereinander ist Teil des Schallschutznachweises und muss vom Planer vorgegeben werden. Sie kann also nicht der Bauleitung oder den ausführenden Unternehmen überlassen, darf aber andererseits auch von diesen nicht ohne Rücksprache abgeändert werden.
Dies gilt selbstverständlich auch für die noch strenger geregelten Haustrennwände bei aneinandergereihter Bebauung, die in vielen Fällen zweischalig ausgeführt werden und darum in diesem Artikel unberücksichtigt bleiben.
Kontinuität und Veränderung
Im veränderten Normenaufbau von DIN 4109 enthält Teil 1 in gewohnter Weise die Anforderungen an die Schalldämmung der Bauteile. Trennwände zu fremden Bereichen in Mehrfamilienhäusern und Bürogebäuden müssen nach wie vor R’w ≥ 53 dB erfüllen, für Nichtwohngebäude werden im Normalfall 47 dB verlangt. Die detaillierten Werte für besondere Einbausituationen können den Tabellen in Teil 1 entnommen werden. Im mehrgeschossigen Wohnungsbau gab es eine kleine Verschärfung, weil Treppenraumwände und Wände neben Hausfluren jetzt auch 53 dB erreichen müssen (vorher 52 dB).
Teil 2 der Norm beschreibt den rechnerischen Nachweis der Anforderungen, wofür der so genannte Bauteilkatalog die Eingangsdaten liefert. Er umfasst die Normenteile 31 bis 36, wobei für den Massiv- und damit den Mauerwerksbau Teil 32 relevant ist.
Zur Kontinuität gehört, dass Schallschutzziele nur für schutzbedürftige Räume definiert werden, im Wohnungsbau also für Wohn- und Schlafräume, jedoch nicht für Bäder und Küchen, sofern es sich nicht um Wohnküchen handelt. Jede Schallschutzplanung sollte deshalb nach wie vor mit einer Grundrissoptimierung beginnen, die die ruhebedürftigen Wohn- und Schlafräume schalltechnisch günstig anordnet. Zu den Konstanten gehört ebenfalls, dass auch die Neufassung der Norm nur einen Schallschutz zu fremden Bereichen fordert, jedoch keine Forderungen zum Schallschutz innerhalb von Wohnungen aufstellt.
Die Planung muss also Wohnungstrennwände und Trennwände innerhalb von Wohnungen unterscheiden.
Neu in DIN 4109, aber aus DIN EN 12354 durchaus schon bekannt, ist die verstärkte Beachtung der Schallübertragung auf Nebenwegen, zu denen in jedem Fall die flankierenden Bauteile gehören. An jeder einzelnen flankierenden Wand oder Decke gibt es die drei Nebenwege Df, Fd und Ff, die im Normalfall für vier flankierende Bauteile berücksichtigt werden müssen. Zusammen mit dem Direktschall Dd durch das Trennbauteil ergeben sich dadurch 13 Wege der Schallübertragung, die dann mit der Formel 1 aus DIN 4109 Teil 2 zur resultierenden Schalldämmung R‘w logarithmisch aufsummiert werden.
Schon an der Struktur der Formel ist zu erkennen, dass sie kaum für die händische Berechnung geeignet ist, sondern Software erfordert.
Solche Programme haben zum Beispiel der Bundesverband der Kalksandsteinindustrie e.V. mit dem KS-Schallschutzrechner oder die Plattform Lebensraum Ziegel mit der Bauphysiksoftware Modul Schall 4.0 herausgegeben. Architekten können damit den Schallschutz im jeweiligen Mauerwerksbau planen, optimieren und am Ende nachweisen.
Stumpfer Stoß zwischen starr und entkoppelt
Für die Benutzung der Software benötigt man wie bisher vor allem die flächenbezogenen Massen der beteiligten Mauerwerkswände, die nach dem Bauteilkatalog (Normenteil 32, Punkt 4.14.1) ermittelt oder den Herstellerunterlagen entnommen werden können. Wie für die Wände und damit die Direktschalldämmung gilt auch für ihre Anschlüsse und damit die flankierende Schallübertragung, dass der Schallschutz mit steigender Masse tendenziell besser wird.
Die Schalldämmung an der Stoßstelle wird aber darüber hinaus auch von deren Geometrie sowie der konstruktiven Gestaltung der Knoten bestimmt.
Zu unterscheiden sind zum Beispiel Kreuzstöße und T-Stöße, aber vor allem starre und entkoppelte Verbindungen zwischen den Bauteilen. Starr sind alle kraftschlüssigen bzw. biegesteifen Anschlüsse, als entkoppelt gelten Anschlüsse, wenn es keine Verbindung zwischen den Bauteilen gibt, was beispielsweise für den mörtellosen Stumpfstoß zutrifft.
Dieser Stumpfstoß ist die einfachste und darum bei Bauleitungen und ausführenden Betrieben auch eine sehr beliebte Variante des Mauerwerksanschlusses. Wenn er satt mit Mörtel ausgeführt wird, kann er im schalltechnischen Sinn als starr angenommen werden. Sollte es allerdings zu Schwindprozessen oder Bewegungen im Bauwerk kommen, kann die Mörtelverbindung am stumpfen Stoß abreißen, sodass die schalltechnisch meist ungünstigere Situation eines entkoppelten Anschlusses entsteht.
Der ursprünglich nachgewiesene Schallschutz ist dann baupraktisch nicht mehr gewährleistet, was bei Nachmessungen am fertigen Bauwerk festgestellt werden und Mängelanzeigen nach sich ziehen kann.
Die Gefahr des Fugenabrisses lässt sich reduzieren, aber nicht völlig ausschließen, wenn alle anstoßenden Wände aus dem gleichen Material gemauert werden.
Wände ohne Verluste beim Wärmeschutz einbinden
Eine schalltechnische interessante Alternative zum einfachen stumpfen Stoß mit Mörtelfuge sind eingebundene oder sogar durchgebundene Anschlüsse von z. B. Wohnungstrennwänden in den Außenwänden. Sie bieten eine deutlich höhere technische Sicherheit gegen Ausführungsfehler und den Abriss durch mechanische Belastungen.
Denn selbst wenn die Fugen nicht satt geschlossen sind oder es durch Schwindprozesse zu einem Abreißen des Mörtels in den Fugen kommt, bleibt die Direktschalldämmung (Dd) der Wohnungstrennwand gewährleistet. Auf dem Nebenweg Ff verbessert sich die Schalldämmung sogar, wenn die Außenwand unabsichtlich entkoppelt wird.
Schalltechnisch sind verzahnte Wände also die bessere Lösung, benötigen aber auch eine Betrachtung des Wärmeschutzes.
Bei einschaligen Außenwänden mit zusätzlicher äußerer Wärmedämmung, wie sie beim Bauen mit Kalksandstein die Regel sind, können Innenwände durchgebunden werden, ohne dass es zu einer Schwächung des Wärmeschutzes kommt. Bei einschaligen monolithischen Außenwänden ohne zusätzliche Wärmedämmung, wie sie für das Bauen mit hochwärmedämmenden Ziegeln typisch sind, lassen sich sowohl Einbindungen als auch Durchbindungen von Wohnungstrennwänden in den Außenwänden prüfen.
Für eingebundene Wände empfiehlt die Ziegelindustrie einen verbleibenden Restquerschnitt der durchlaufenden Außenwand von 24 cm, was bei klassischen Außenwanddicken eine Einbindetiefe von mindestens 12,5 cm bedeutet. Aber auch durchgebundene Wände können ohne wesentliche Schwächung des Wärmeschutzes ausgeführt werden, wenn zum Beispiel mit einer Zusatzdämmung auf der Stirnseite der Trennwand gearbeitet wird.
Noch eleganter funktioniert die Durchbindung mit Schallschutz-Füllziegeln, wie sie die Ziegelindustrie für Wohnungstrennwände entwickelt hat. Nach dem Versetzen der Planziegel werden deren Kammern mit Beton verfüllt, sodass die vollkeramische Oberfläche erhalten bleibt, die Wände aber gleichzeitig eine hohe flächenbezogene Masse und damit einen guten Schallschutz aufweisen.
Werden derartige Wohnungstrennwände vollständig durch die Außenwand geführt, kann die äußerste Kammer mit Dämmstoff statt mit Beton gefüllt werden, sodass sowohl die Anforderungen an den Schall- als auch den Wärmeschutz erfüllt werden.
Egal also, ob mit Kalksandstein oder mit Ziegeln gemauert wird, es gibt in beiden Fällen Alternativen zum Stumpfstoß und seiner Gefahr des Mörtelabrisses. Mithilfe der zur Verfügung stehenden Software kann der Planer die Varianten vorab durchspielen und die Ergebnisse bewerten. Gerade bei ein- oder durchgebundenen Anschlüssen müssen die Bauleitung und die ausführenden Betriebe für die gefundene Lösung sensibilisiert werden, denn die gewählte Verbindungsvariante ist Teil des Schallschutznachweises und kann nicht mehr in freier Entscheidung auf der Baustelle verändert werden.
Neue Systematik der Schallschutznormung:
DIN 4109:2016–07 besteht aus neun Normteilen. Die Teile mit den 30er-Nummern bilden den so genannten Bauteilkatalog, bei dem eine laufende Ergänzung durch weitere schalltechnische Daten für bisher nicht aufgeführte Bauteile und Konstruktionen vorgesehen ist. Teil 1 Mindestanforderungen
Teil 2 Rechnerische Nachweise der Erfüllung der AnforderungenTeile 31–36 Daten für die rechnerischen Nachweise des Schallschutzes (Bauteilkatalog):Teil 31 RahmendokumentTeil 32 MassivbauTeil 33 Holz-, Leicht- und TrockenbauTeil 34 Vorsatzkonstruktionen vor massiven BauteilenTeil 35 Elemente, Fenster, Türen, VorhangfassadenTeil 36 Gebäudetechnische AnlagenTeil 4 Bauakustische Prüfungen
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